Antijagdtraining – wie man Hunde vom Jagen abhält
das AJT-Arbeitsbuch von Pia Gröning und Ariane Ulrich
Ein wirklich lesenswertes Buch, wenn man einen jagdlich ambitionierten Vierbeiner neben sich gehen hat (wobei die ja vor allem in Wildgebieten selten wirklich NEBEN einem gehen 😉 ) aber auch wenn man plant, mit einem Jagdhund sein Leben zu teilen. Es ist wirklich ein Antijagdtraining Arbeitsbuch. Natürlich gehen die Autorinnen auch auf Hintergründe ein, der Hauptfokus liegt allerdings auf dem Training.
Es wird betont, wie wichtig die Orientierung des Hundes zum Halter sowie Impulskontrolle ist. Ebenso gehen sie auf Stressabbau und Entspannung ein.
Die drei Säulen in „Antijagdtraining – wie man Hunde vom Jagen abhält“
– Blickkontakt zum Halter. Der Hund behält im Kopf, dass er gemeinsam mit seinem Menschen unterwegs ist.
– Impulskontrolle. Der Hund lernt, seinem Trieb nicht (sofort) nachzugeben.
– Der Hund kann nach einer aufreibenden Situation (z.B. Wildsichtung) wieder entspannen.
Bilden die unverzichtbare Basis des Antijagdtrainings. Zu all diesen Bereichen gibt es viele praxisnahe Übungen und Beispiele im Buch.
Im nächsten Kapitel geht es um das Schleppleinentraining welches ein großer Baustein des Antijagdtraining ist.
Es wird erörtert, dass die (Schlepp-)Leine nur als Sicherung und nicht als Werkzeug gesehen werden soll. Der Halter soll agieren und trainieren, als wäre der Hund leinenlos. Das ist wichtig, um Signale später auch ohne Leine nutzen zu können.
Wird mit der Leine gebremst, geruckt oder „gelenkt“ lernt der Hund höchstens, dass der Besitzer ein Kommando nur mit Leine durchsetzen kann. Das er ohne Sicherung „machtlos“ ist.
Die Autorinnen trainieren die Schleppleine in drei Stadien
– Leine in der Hand. Sie soll dabei nicht am Boden schleifen, sie wird zugegeben und wieder aufgenommen je nach Entfernung des Hundes.
– Die Leine schleift auf dem Boden.
– die Schleppleine wird sukzessive abgebaut.
Ich persönlich verstehe den Schritt des schleifen lassens nicht ganz. Es ist meiner Meinung nach allenfalls ein Trainingsschritt für den Menschen um Sicherheit zu erlangen, aber nicht für den Hund. Denn der hat im ersten Schritt die Leine kaum gespürt (durch sauberes zugeben und aufnehmen seines Menschen). Nun, da sie (schwer) am Boden hinter ihm her schleppt spürt und hört er sie bei jedem Schritt. Zudem kann die Schleppleine auch gefährlich werden, wenn der Hund evtl. doch noch nicht so fortgeschritten ist, zum jagen ansetzt und sich mit der Leine im Wald verheddert. (Natürlich darf die Schlepp IMMER nur am Geschirr verwendet werden.)
Wenn die Leine schleifen soll würde ich es nur in Verbindung mit einem GPS tracker einsetzen – dann kann der verhedderte Hund wenigstens wieder gefunden werden. Die Tracker sind übrigens meiner Meinung nach wirklich klasse! Natürlich sollte man alles dran setzen, ihn nie zu brauchen, aber er gibt Sicherheit und im Schlimmsten Fall kann er sogar Leben retten.
Beim Schleppleinentraining erarbeiten die Autorinnen folgende Signale
- „zurück“
Der Hund lernt, denselben Weg zurück zu gehen, den er gekommen ist. Das ist besonders im Wald sehr angenehm, und erspart dem Menschen, die Leine um Äste und Baumstämme zu entwirren. - „weiter“
- „langsamer“
- „raus da“
Im nächsten Kapitel geht es um das „eigentliche“ Antijagdtraining – also die Kontrolle am Wild selbst (das nur erfolgreich sein kann, wenn die Basis sitzt).
Es wird auf den „Superrückruf“ (Superschlachtruf) eingegangen. Ein Signal, dass nur im äußersten Notfall zum „Echteinsatz“ kommt und dem Hund die allergenialste Belohnung der Welt fürs „Nichtstun“ verspricht.
Das Vorstehen wird thematisiert und es werden Übungen vorgestellt, wie man das Vorstehen beim Hund weiter fördern und Ausbauen kann. Vorstehen, also anzeigen und warten soll dem Menschen Zeit verschaffen um richtig zu reagieren. Dadurch kann dem Hund eine Ersatzhandlung zum Hetzen gegeben werden. Zum Beispiel das Reagieren auf den Rückruf oder ein Sitz oder Platz auf Distanz.
Die Autorinnen beschreiben ebenfalls das Reizangeltraining. Sie zeigen Übungen auf, wie mithilfe der Reizangel alle oben genannten Signale und „Themen“ (Impulskontrolle, Signale auf Distanz) geübt werden können.
Ich persönlich stehe zum Reizangeltraining recht ambivalent, kann es doch den Jagdtrieb noch zusätzlich anheizen, wenn man es nicht sorgfältig trainiert. Auch können plötzliche Stopps, schnelle Jagd etc. den Hund verletzen. Richtig und sehr sorgfältig eingesetzt kann ich mir aber vorstellen, dass es ähnlich dem Dummytraining dem ohnehin schon jagenden Hund hilft, seine Impulskontrolle und Frustrationstoleranz weiter auszubauen.
Im Buch wird weiter auf Abbruchsignale (das klassische „nein“) eingegangen und darauf, dass es selten hilft, eine Jagd erfolgreich zu unterbrechen.
Auch die Gegen- und Umkonditionierung wird angesprochen. Hier kann der Anblick von Wild mit einer Superbelohnung beim Besitzer verknüpft werden. Als Resultat erwartet der Hund später z.B. beim Anblick eines Hasen sein Superfutter vom Besitzer. Dadurch hetzt er auf Sicht nicht sondern wendet sich erwartungsvoll Herrchen oder Frauchen zu. Allerdings wird bereits im Buch darauf hingewiesen, dass die Um-/Gegenkonditionierung eher nur bei reinen Sichtjägern erfolgreich sein wird. Auch darf die Jagdambition nicht sehr ausgeprägt sein. Für viele Hundebesitzer ist es schlicht unmöglich eine bessere Belohnung als die Jagd zu finden.
Das nächste Kapitel befasst sich mit der grundsätzlichen Auslastung des Hundes. Der (Jagd-) Hund braucht Bewegung, Kopfarbeit und Nasenauslastung.
Der vorletzte Bereich fasst kurz die Thematik des Antijagdtraining mit zwei Hunden auf. Es wird empfohlen, zu einem Jagdhund im Training zunächst keinen weiteren Hund dazu zu nehmen. Zu groß ist die Gefahr, am Ende mit beiden gleichzeitig trainieren zu müssen. Training mit zwei Hunden ist natürlich nicht unmöglich aber doch mehr als doppelt so schwer.
Schließlich befasst sich der letzte Teil des Buches mit der Prävention für Welpenbesitzer oder dem nächsten Hund.
Durch gezielte Rasse- und Züchter-Wahl, aber auch durch eine sehr sorgsame Erziehung in den ersten zwei Hundejahren kann das „Jagdproblem“ gut händelbar werden. Wichtig neben einem guten Gehorsam ist, dass der Hund in den ersten Wochen/Monaten möglichst viele Tiere als „nicht-jagdobjekt“ kennenlernt. Zusätzlich darf er in den ersten zwei Jahren seines Lebens auf keinen Fall Erfolg haben. Erfolg bedeutet in diesem Fall bereits die Hatz – weil sie für den Hund selbstbelohend ist.
Mein Fazit: ein absolut lesenswertes Buch, flüssig geschrieben und dadurch einfach zu lesen. Viele Beispiele und Übungen machen Lust, sofort mit Hund, Klicker und Leckerchen los zu marschieren und alles gelesene sofort auszuprobieren. Manche Themen, wie die Gegenkonditionierung oder das Reizangeltraining hätten gerne noch etwas ausführlicher thematisiert werden können, aber dazu gibt es ja viel Lektüre.
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