Waldi allein zuhaus
Waldi allein zuhaus – wenn Hunde Trennungsangst haben
Von Patricia B. McConnell
Zunächst unterscheidet P.B. McConnell zwischen wirklicher Trennungsangst und einfacher „Unerzogenheit“.
Nach ihrer Einschätzung sind die wenigsten Fälle von kaputten Vasen, ausgeräumten Mülleimern und genervten Nachbarn durch ausgiebiges Gebell wirklich durch Hunde mit ernsthafter Trennungsangst ausgelöst.
Zur Klärung, warum ein Hund Trennungsangst verspürt stellt sie Hypothesen auf, da die Wissenschaft in diesem Bereich noch nicht wirklich aussagekräftige Ergebnisse vorweisen kann. Ihrer Einschätzung nach kann Trennungsangst ausgelöst werden durch
- eine sehr enge Bindung mit dem Besitzer
- negative/traumatische Erfahrungen in der Vergangenheit des Hundes (z.B. Hunde aus dem Tierschutz)
- Angst auslösende Erfahrung während des Alleinseins (z.B. Einbrecher oder ein Staubsauger-Roboter, der plötzlich zum Leben erwacht)
Anzeichen für Trennungsangst sind
- Angst-Anzeichen bereits, während der Besitzer sich zum Gehen bereit macht.
- heftiges Speicheln
- Hecheln
- schwitzige Pfoten
- Zittern
- Kratzen/Beißen in Tür- und/oder Fensternähe -> der Versuch des Hundes, hinaus zu kommen
- Auch Bellen, Fiepen, urinieren/Kot absetzen, Möbel an kauen können Anzeichen von Trennungsangst sein, aber auch andere Ursachen haben (zu geringe Frustrationstoleranz, Langeweile, „schlechte Manieren“…)
Zu Beginn geht sie in einem Kapitel darauf ein, wie man Trennungsangst vorbeugen kann
Wichtig ist vor allem, das Kommen und Gehen der Bezugspersonen zu etwas ganz Normalem zu machen.
Aus dem Haus gehen und wieder nach Hause kommen sollte ritualisiert aber ruhig und ohne „Dramatik“ geschehen.
Um einer Zerstörung vorzubeugen empfiehlt die Autorin besonders zu Beginn des alleine seins eine Box oder nur einen kleinen Teil der Wohnung/des Hauses zur Verfügung zu stellen.
Natürlich soll die Box / der Bereich positiv aufgebaut sein und über Tage oder Wochen mit kleinen Schritten (Leckerchen / Kauartikel in der Box) zu einem positiven Rückzugsort etabliert werden.
Der Kong wird dem Hund angeboten, bevor er Stressanzeichen zeigt, dann wird die Handlung (z.B. Schlüssel in die Hand nehmen) nur für Sekunden gezeigt und der Kong wieder weggenommen noch bevor der Hund fertig ist.
Während des Aufbaus oder der Gegenkonditionierung muss eine Ausweichlösung her.
Die können sein:
- Freunde oder Verwandte bitten, auf den Hund aufzupassen
- Eine Hundetagesstätte oder Hundepension
- Ein Hundesitter
- Den Hund mitnehmen
- Wenn alle Stricke reißen kann der Hund auch in einem völlig anderen Bereich des Hauses alleine gelassen werden – dies ist jedoch die schlechteste Lösung.
Hier empfiehlt die Autorin auch das alt-bekannte „Bleib“ Kommando.Hiervon würde ich persönlich abraten, da ein „Bleib“ ja in der Regel wirklich bedeutet, dass der Hund regungslos in der Position bleiben soll, in der er aktuell ist.Da wir aber vermutlich eher möchten, dass der Hund sich entspannt und auch seine Sitz- oder Liegeposition wechseln soll oder darf halte ich ein Bleib nicht für ideal.
Sie bespricht, dass, wenn ein Medikament eingesetzt werden soll es wichtig ist, dass es dem Hund wirklich hilft, seine Angst zu reduzieren und ihn nicht nur „sediert“.
Persönliches Fazit:Ich mag den Schreibstil von P.B. McConnell und kann dieses Büchlein empfehlen, auch wenn wenig „Neues“ darin zu finden ist. Für den Preis von 3,99 Euro für die Kindle Edition macht man auf jeden fall nichts Falsch und die Tipps des Trainingsaufbaus sind gut.Bei der Boxen- und auch Medikamenten-Thematik merkt man meiner Meinung nach ihre Herkunft (USA) – ich vermute, ein deutscher Autor hätte bei beiden Themen vehementer auf die negativen Seiten hingewiesen.Mich persönlich hat besonders das erste Kapitel zum Nachdenken angeregt – attestieren wir unseren Hunden heutzutage vielleicht viel zu oft ein „Problem“ wo wir nur nicht sorgfältig genug die Grundlagen trainiert haben?