2 Gründe, warum ich froh bin, einen Jagdhund in meinem Leben zu haben
Ja, Smartie ist ein Jagdhund – oder besser gesagt ein Jagdhundmischling (hier könnt ihr sehen, welche Rassen laut DNA-Analyse zu diesem einzigartigen Hund beigetragen haben). Die Tatsache, dass Smartie jagdlich hoch motiviert ist hat mich in den letzten Jahren schon sehr häufig verzweifeln lassen. Ich habe geflucht, geweint und auch mal geschrien aber davon an anderer Stelle mehr. Heute möchte ich ja positiv sein.
Auch über meine lange Trainer- und Lösungssuche berichte ich an anderer Stelle. Nur einen Satz, den mir eine Trainerin einmal mit auf den Weg gegeben hat möchte ich heute zitieren:
Freu Dich über seine Fähigkeiten und lass Dich darauf ein
Anonym, Hundetrainerin
Im ersten Moment klang dieser Satz für mich so gar nicht hilfreich. Wunderbar! Wie soll ich mich denn darauf einlassen, dass mein Hund Katzen töten möchte? Doch nach und nach verstand ich, was sie meinte.
1. Mein Jagdhund zeigt mir die Natur
Bevor Smartie bei uns einzog hatte ich ein Bild in meinem Kopf. Wie wir gemeinsam, leinenlos aber mental verbunden die Natur entdecken. Und dann kam er. Bereits im Tierheim sagte man uns, dass er vermutlich niemals ohne Leine laufen kann. Der Anfang war, wie gesagt, sehr schwer für mich. Doch nach diesem Satz der Trainerin begann ich langsam meinen Schokodrop mit anderen Augen zu sehen.
Wir hatten bereits das „Vorstehen“ ein wenig ausgebaut und so begann ich bei jedem Anzeichen, dass er etwas roch, hörte oder sah mit zu schauen. Was war es, was ihn so neugierig und aufgeregt machte? Ehrlicherweise kann ich nicht immer erkennen, was ihn fasziniert. Aber mehr und mehr sehe ich inzwischen auf unseren Spaziergängen gemeinsam mit ihm Hasen beim Mümmeln zu. Beobachte, wie Eichhörnchen von Baum zu Baum springen oder Enten gemütlich durch das Wasser treiben. Manchmal, besonders auf schlammigem Untergrund oder jetzt vielleicht bald wieder im Schnee, folgen wir gemeinsam einer Spur ein paar Meter. Nach einer kurzen Zeit löse ich das auf und gehe mit ihm (in eine andere Richtung) weiter.
Es ist so toll, was ich durch ihn bereits alles gesehen habe. Zugegeben, dass klappt nur, wenn die Entfernung groß genug und damit seine Aufregung klein genug ist. Geht ruhig raus und probiert es aus (selbstverständlich angeleint). Lasst euch von eurem Hund die Welt zeigen.
2. Üben verbindet
Vor einiger Zeit sagte eine Bekannte zu mir, es wäre für sie nicht befriedigend, wenn sie jahrelang an ihrem Hund „rum erziehen“ müsse. Sie wolle die Ausbildung schnell abschließen und dann im Hundesport und beim entspannten Gassi gehen Spaß haben. Nun, ich „erziehe rum“. Und das sicherlich bis zum Ende unserer gemeinsamen Zeit. Seit einigen Jahren lebt Smartie nun mit uns und noch immer haben wir viele „Baustellen“. Besonders seine Jagdleidenschaft und alle damit verbundenen „Problemchen“.
Aber gerade WEIL wir viel üben und eigentlich immer gemeinsam „trainieren“ wenn wir draußen sind habe ich das Gefühl im so Nahe zu sein wie keinem anderen Tier in meinem bisherigen Leben. Hängt ein Jagdhund (oder ein jagdlich hoch motivierter Hund) am Ende der Leine ist es wichtig, seine Körpersprache zu lesen und zu kennen. Besonders wenn der Hund so effektiv arbeitet wie Smartie.
Natürlich, wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, wäre es mir lieber, wir würden dieses Kapitel irgendwann beenden. Doch ich bin mittlerweile überzeugt: Es gibt Hunde die, wenn sie die Gelegenheit haben, immer jagen werden. Und ich bin mittlerweile auch überzeugt, dass Smartie dazu zählt. Habe ich deshalb aufgegeben? Übe und trainiere ich nicht mehr mit ihm? Nein. Doch. Wir üben und trainieren weiter. Aber ich habe uns jeglichen Drucks befreit. Ich lerne weiter bei jedem Schritt mehr von und über ihn. Und auch er lernt langsam aber sicher, die Ruhe zu bewahren und nicht gleich los zu hetzen. Egal ob das Training irgendwann das gewünschte Ergebnis bringt oder ihr nur in kleinen Schritten weiter kommt, es bringt uns näher zueinander.
Gerade weil es durch seine Jagdleidenschaft wichtig ist, dass er mich immer präsent in seinem Denken hat gehen wir viel mehr wirklich gemeinsam Gassi als ich es bei vielen anderen Hund-Mensch-Gespannen erlebe. Wir schlurfen nur höchst selten, an ganz schlechten Tagen nebeneinander her und interessieren uns nicht füreinander. Und übrigens auch die muss und darf es geben – die schlechten Tage.
Rückblick
Als Smartie bei uns einzog habe ich in einer unserer ersten „Jagdhund Trainingseinheiten“ auf einem Hügel geparkt. Unter uns war ein recht großer Sportplatz, dann kam eine Straße und auf der anderen Seite der Straße ging nach einem Feld der Hügel wieder nach oben. Dort war ein kleines Wildgehege mit Rehen. Der Abstand zwischen uns (im Auto) und den Rehen betrug viele hundert Meter. Ich konnte die Rehe quasi nicht erkennen. Aber ich wusste, dass sie sich bewegten, wenn mein Drop im Auto ausgeflippt ist.
Egal ob er ein Reh gesehen oder eine Spur aufgenommen hat – er war nicht ansprechbar und wie von Sinnen. Nicht nur einmal hatte ich so große Sorge, dass Geschirr und Leine diese Tobsuchtsanfälle nicht aushalten.
Mittlerweile sind nur noch die ganz frischen Spuren wirklich interessant. Und selbst bei Sichtungen kann Smartie ruhig bleiben, so lange das Tier ruhig steht. Das klingt für viele Menschen nach nicht wirklich viel Fortschritt. Für uns ist es eine wahnsinnige Leistung und ich bin sehr stolz auf Smartie, dass er gelernt hat, sich so zu beherrschen.
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Ebenfalls eine ganz klare Kaufempfehlung für das Buch „Jagdverhalten verstehen, kontrollieren, ausgleichen: Wege in den Freilauf“ von Anja Fiedler